Onno Dierksen

Onno Dierksen, der ehemalige Geselle, der wohl erst nach dem Tode des Meisters eine selbständige Werkstatt in Tossens unterhält, vermag durchaus mit den eigenen Werken die Hamburger Tradition weiterzuführen. Zunächst mit Aufträgen für Kanzeln; die erste in Golzwarden 1640 (Kat. 22.2) erprobt sogar eine Neuerung: Wie auch bei Johann Münstermann werden die tragenden Säulen der Brüstung durch Altanten ersetzt. Die sechs Figuren stützen nunmehr das Kranzgesims, und die nötige proportionale Überlängung der Skulpturen führt zu einer manieristischen Überdehnung der Körper und ihrer Extremitäten, wenn auch im Rahmen eines eher blockhaft geschlossenen Umrisses. Vor allem aber fehlt eine neue Idee für die Gestaltung der eigentlichen Brüstungsfelder, die ehemals als Bogennischen gestaltet waren. Wenn auch die heutige ornamentale Bemalung eine originale ersetzen sollte, so bleibt der Eindruck der Lücke und der Leere vorherrschend. Dieses Modell hat offenbar auch keine Nachfolge gefunden; den die weiteren Kanzeln von Schortens 1642 (Kat. 27), Wiarden 1643 (Kat. 28.1) und Neuende 1647 (Kat. 29) zeigen eine klare Rückbeziehung zu den Vorgängerinnen Münstermanns in Aufbau wie bei der Gestaltung der Skulpturen.

Darüberhinaus gelingt es Diercksen, ganze Kirchenausstattungen durch entsprechende Folgeaufträge zu vervollständigen. So in Esenshamm (Kat. 25): schon 1638 entsteht das Cronament, es ist das einzig erhaltene, das uns direkt vermitteln kann, wie dieselben aus der Werkstatt Ludwig Münstermanns, deren Existenz lediglich durch Quellentexte nachzuweisen sind, ausgesehen haben könnten; es folgen der Altar 1648, das Epitaph für Vogt Butjenter 1650 und die Prieche vor der Langhaus-Nordwand. Desgleichen in Fedderwarden (Kat. 26): beginnend mit dem Altar 1641, dann das Epitaph für Pastor Hoppius 1644 und schließlich die Taufe von 1648. Mit dieser entwickelt Diercksen einen Typus fort, den er mit dem Taufbecken für Blexen 1642 (Kat. 23.4) begonnen hatte; dieses hatte er nach dem Vorbild Meister Ludwigs in Holle von 1624 (Kat. 12.1) gestaltet, bei dem eine steinerne Figur die Kuppa trägt; in Holle der Täufer Johannes, in Blexen der Kirchengründer Willehad.

Das Taufbecken mit Deckel für Fedderwarden ist jedoch aus Eichenholz geschnitzt, und sehr viel schlanker in die Höhe proportioniert; aber der Kuppa-Träger ist eine Figur des die Gesetzestafeln tragenden Moses, der bei Münstermann als Kanzelträger eingesetzt wird. Das Modell der Fedderwarder Taufe jedoch wird noch 1661 für die Kirche in Bockhorn variierend wiederholt (Kat. 31.1); hier gibt es jedoch keine Figur als Träger, sie wird durch einen Baluster-Schaft mit Cherubköpfen ersetzt; im übrigen ist der Deckel verloren.

Bei Entstehung der prachtvollen Ausstattung der Kirche in Langwarden (Kat. 18) gibt es einen fließenden Übergang von Ludwig Münstermann zu Onno Dierksen: der nach 1620 entstandene Taufstein mit Deckel aus der Münstermann-Werkstatt ist verloren, die 1633 in derselben entstandene Kanzel nur rudimentär erhalten; aber der neue Altar von Onno Dierksen ersetzt im Jahr 1652 den erst 1621 entstandenen Vorgänger, der im Typus des protestantischen Schriftaltares gestaltet, vom neuen lutherischen Pastor offenbar abgelehnt, nach Wiefels verkauft wurde. Diercksen entwickelt aus den Vorgaben der Altäre Ludwig und Johann Münstermanns eine ihm eigene Gestaltungsform, die auch aufwendigeren Ansprüchen genügt. Nun ersetzen vier Figuren, die dreier Evangelisten und die des Paulus, als Atlanten die Säulen des Hauptgeschosses. Aber diese erscheinen, zu den Seiten herausgerückt und montiert auf schwebenden Bögen, als Rahmung für die als Mitte von Flügeln aufgestellten Figuren der Reformatoren Luther und Melanchthon. So wird auch hier die statisch gebaute Architektur zur plastischen Dekoration.
Dazu aber gibt es wiederum ein perspektivisch-architektonisch vertieftes Zentrum mit der Darstellung Jesu bei der Annahme des Kelches seiner Passion im Garten Gethsemane; die Transparenz durch das einfallende Gegenlicht ist sogar größer als bei den erhaltenen Altären Münstermanns. Diese durchaus als selbstständig anzusehende Arbeit tritt mit gewisser Überzeugung die Nachfolge des Lehrmeisters an; wobei eine nicht zu überbrückende künstlerische Einschränkungen im skulpturalen Bereich zu bemerken ist. Auch Onno Dierksen möchte seinen Figuren in Anlehnung an den Meister einen überpointierten Ausdruck verleihen und leitet von dessen vorbildlichen Formulierungen seine Darstellungs-Motive ab; doch bei ihm geraten die zugespitzten Züge der Gesichter wie die der Bewegungen von Körpern mit ihren Gewändern zu Akzenten einer provozierenden Skurrilität, die auch Einförmigkeit nicht unbedingt vermeiden kann. Die Ausstattung in Langwarden wird von Dierksen mit Beichtstuhl von 1655 und Epitaph für den ihn fördernden Pastor vor 1669 vollendet.

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