Focke-Museum

Teile des Orgelgehäuses aus der Schlosskapelle in Rotenburg an der Wümme 1608

Auftraggeber: Philipp Sigismund (1568 – 1623), Herzog von Braunschweig-Lüneburg, seit 1586 postulierter Bischof von Verden und seit 1591 postulierter Bischof von Osnabrück.

Material: Die bildhauerisch gearbeiteten Teile Weichholz, die geschreinerten Rahmenteile Eiche.
Maße: H. 220 cm, B. 217 cm

Zustand: Nach einer privaten Umnutzung der Teile zu Vitrinen und Sofa-Umbau, im Museum Aufbau als Rekonstruktion., die nur teilweise dem zu erschließenden originalen Zustand entspricht.
Fassung: Nach einer Untersuchung von 1996 lassen sich die Befunde deutlich mit denen des Rodenkirchener Altares vergleichen: die bewusst nach hellem und dunklem Holzton in ästhetischem Kontrast kombinierte dunkle Eiche für die konstruktiven Teile und das helle Lindenholz für die bildhauerischen auch ornamentalen Teile erfuhren nach sorgfältiger Glättung der Oberfläche durch einen unpigmentierten Leimüberzug zurückhaltenden Glanz und eine tiefere Holzfarbigkeit; danach wurden als Fassung, direkt auf die Leimschicht, Vergoldungen, auch der Schrift und der Gesimsprofile, und darüber rote und grüne Lüstrierungen aufgebracht, dazu Inkarnate und schwarze Pupillen. Das noch 1878 beschriebene Porträtmedaillon des Orgelbauers ist nicht erhalten.
Standort: Bremen, Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte (Focke-Museum). Inv.: 09004.

Aus den erhaltenen rahmenden Fragmenten ist ein siebenachsiger Orgelprospekt auf gleicher Ebene rekonstruierbar, und da die Kranzgesimse der Außenwände des Gehäuses erhalten sind, lässt sich auch dessen Tiefe erschließen. In der Mitte wird ein halbrund auskragender Pfeifenturm beidseitig eingefasst von ebenen und schmalen zweigeschossigen Fächern für Diskant-Register. Diese werden getrennt von zwei zur Mitte ansteigenden Täfelchen, in deren Rollwerkkartuschen die erhabenen Buchstaben und Ziffern der Datierung stehen: ANNO / 1608. Zu den Seiten folgt jeweils ein mit Dreieckspitze ausladender Pfeifenturm. Die Fußgesimse der Türme zeigen Ornamentfriese; der Fries der Kranzgesimse trägt die Namensinschrift des Auftraggebers und Stifters in erhabenen Buchstaben.
Auf den Gesimsen der Spitztürme sitzen zwei Figuren, zur Mitte hin und aufeinander blickend: links David mit langem lockigem Haar und vollem Bart, gekrönt und die Harfe spielend; rechts Apoll mit antikischer Frisur und Vollbart, einen Lorbeerkranz tragend, die Leier in der Linken auf den Oberschenkel abgesetzt, die vordem spielende Rechte wie innerlich bewegt vom Hören auf das Lied des Gegenübers zum Herzen geführt. Diese beredte Gestik erläutert, dass hier ein musikalischer Wettstreit stattgefunden hat. Der heidnische Gott der Musik erkennt den Vorrang der himmlischen Musik des Psalmisten zum Lobe des christlich-jüdischen Gottes neidlos an.
In den Schleierbrettern tummeln sich musizierende Putten, denen die männlichen und weiblichen Hermen auf den rahmenden Pilastern verzückt lauschen.
Als Aufsatz über der Mitte das bekrönte fürstbischöfliche Wappen des Auftraggebers und Stifters in einer breiten Kartusche aus Roll- und Beschlagwerk, an beiden Seiten gehalten von je einem steigenden Löwen.

Herkules als Tragefigur von einem Kamin im Schloss Delmenhorst um 1610

Auftraggeber: Anton II. (1550–1619), Graf von Oldenburg-Delmenhorst.

Material: Sandstein
Maße: H. 136 cm, B. (in Schulterhöhe) 33 cm

Zustand: Die untere Spitze der geschulterten Keule abgebrochen. Im Rücken der Figur ein starker eiserner Dübel eingelassen, abgebrochen und angerostet.
Fassung: Bei der Aufnahme ins Museum Reste von grauem Ölfarbenanstrich. Die ursprüngliche Fassung verloren.

Standort: Bremen, Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte (Focke-Museum).
Inv.: A 141
Provenienz: Als Zierfigur in einen Garten in Delmenhorst (?); von dort im Jahre 1897 als Geschenk des Bremer Bauunternehmers Vollmers, der wohl auch in Delmenhorst arbeitete, in das Focke-Museum.

Nach seiner späten Heirat mit der noch jungen Sybille Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg-Dannenberg (1576–1630) im Jahre 1600 stattete Graf Anton II. die schon die seit der Rückeroberung durch seinen Vater 1547 zum repräsentativen Residenzschloss im Stile der Weserrenaissance ausgebaute Burg wohl auch im Inneren weiterhin anspruchsvoll aus, vor allem um der wachsenden Familie ein angenehmes Wohnen zu ermöglichen. Seinen besonderen, offenbar mit seiner Gemahlin geteilten Kunstsinn vermitteln die langjährigen Aufträge an Ludwig Münstermann. Als einziges überkommenes Zeugnis aus dem Delmenhorster Schloss kann der Herkules gelten, die größte und monumentalste Skulptur seines erhaltenen Oeuvres überhaupt.
Ihre unbearbeitete Rückseite erlaubt den Schluss, dass die Figur vor einer Wand stehen sollte; die übermäßig steilen Proportionen und das geneigte Haupt vor der hilfsweise Schultern und Kopf unterstützenden Keule lassen an eine auch im sinnbildlichen Sinne dienstbare Tragefigur denken, die die Konsole eines Kaminsimses wie ein Atlant stützte, die kompositionelle Öffnung des Körpers zu seiner rechten Seite legt nahe, dass sie in diesem Fall auf der liturgisch rechten Seite des Rauch-Abzugs stand.

Herkules als vorbildhafter Tugendheld, der sich durch die Erledigung schier unerfüllbarer Taten und Leistungen die Unsterblichkeit erwirbt, gilt als Allegorie auf den tugendhaften Herrscher, der für das Wohl der ihm anvertrauten Menschen alle Mühen und Arbeiten auf sich nimmt und durch diesen hart erworbenen Ruhm in ihrer Erinnerung bleibt. So ist diese Figur, die offenbar mit einem weiblichen Gegenstück für einen profanen Platz im Residenzschloss des gräflichen Paares geschaffen wurde, ein Identifikationsbild für deren idealistischen Anspruch eines guten Regimentes.

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