Holle: St.-Dinysius-Kirche

Taufbecken mit Deckel

1624

Material: Sandstein, Eichenholz (Einfassung des Beckenrandes und konstruktive Teile des Deckels), Lindenholz (Figuren)
Maße: H. 84,5 cm, D. 58 cm (Becken); H. 120 cm, D. 63 cm (Deckel)

Zustand: Nach schweren Beschädigungen war die Taufe in der Holler Kirche unbrauchbar geworden und wurde 1879 in Erachtung ihrer künstlerischen Bedeutung in die Großherzogliche Alterthümersammlung zur Aufbewahrung abgegeben. Erst im Landesmuseum konnte sie durch Ergänzungen am Fuß des Beckens und durch Ersatz der Baldachin-Figuren durch sichtbar hinzugefügte Baluster-Stützen wieder fähig zur Präsentation gemacht werden.
Am steinernen Becken sind Reste der womöglich ursprünglichen, gleich nach der Fertigstellung durch Dietrich Meyer aufgebrachten Fassung erhalten; der aufgesetzte hölzerne Beckenrand sowie der Deckel zeigen offenbar eine spätere Übermalung.
Die auf 1626 datierte, und laut Quelle von dem Oldenburger Otto Schwertfeger getriebene eingesetzte Taufschale aus Messing verblieb in der Kirche und befindet sich seit 1982 in einem neuen Taufstein.
Standort: Landesmuseum Oldenburg, Inv. 4.096

Ludwig Münstermann

Die Kuppa des sechseckigen Beckens wird von der Gestalt des hockenden Johannes des Täufers getragen; auf die Segmente der Wandung sind Wappen und Namensinschriften der Stifter reliefiert.
Der obere Rand der Kuppa wird durch ein aufgesetztes hölzernes Kranzgesims erweitert. Aus den reich ornamentiert gerahmten Segmenten der Deckel-Kuppel sind die ausdrucksvollen Halbfiguren von sechs Aposteln in virtuoser Schnitztechnik herausgearbeitet. Darüber erhebt sich ein von den übrigen Aposteln getragener Baldachin über der Taufgruppe (Johannes tauft Jesus), die verlorenen Apostelfiguren sind durch Baluster-säulen ersetzt. Unter dem Boden der Taufgruppe befindet sich die liegende Gruppe des Sündenfalls von Adam und Eva mit der Schlange am Baum der Erkenntnis. Zuoberst ein weiterer kleiner Baldachin, auf dessen Spitze Moses mit den beidseitig aufgesetzten Gesetzestafeln sitzt.

Bei der ursprünglichen musealen Präsentation wurde die Adam-und-Eva-Gruppe (H. 26 cm) gesondert präsentiert und war seit der “Entdeckung” Ludwig Münstermanns als sein berühmtestes
Kunstwerk bekannt. Es ist erst kürzlich wieder an seine ursprüngliche Position zwischen den eiförmigen Balustern unter dem Taufbaldachin zurückversetzt worden.

Bemerkenswert an der Holler Taufe ist die ungewöhnliche skulpturale Gestaltung, mit der Münstermann die üblicherweise in Einzelteilen zusammengefügte Struktur übergreifend als Ganzes bildhauerisch erarbeitet: Fuß, Tragefigur und Kuppa des Taufsteines werden in einem Stück gehauen, wobei eigentlich streng und geradlinig geformte Motive der Architektur, wie der Abakus des Kapitells über Schultern und Kopf des Trägers, auf dessen Waagerechten die Kuppa nach den tektonischen Regeln senkrecht aufzusetzen hat, sich plastisch verformt und der sie berührenden Wölbung mit leichter Krümmung anpasst. Desgleichen wird die hölzerne Kalotte des Deckels aus einem Stück geschnitzt, und mit solcher Kunstfertigkeit, dass dabei sogar ungewöhnliche Wirkungen räumlicher Tiefe erzielt werden, als ob die weit herausragenden Köpfe der Apostel-Halbfiguren wie durch ein Fenster aus dem Dunkel des tiefen Inneren herauszublicken scheinen. Auch Baldachinkuppel mit Laterne und pfeifenvertieftem Kranzgesims sind wie aus einem Stück modelliert, so dass die sechsteilige, durchaus tischlermäßig zerlegbare Struktur des Aufbaus von der übergreifenden bildhauerischen Plastizität aufgehoben erscheint: ein eindrucksvolles und glänzend wirksames Beispiel für die skulptural gestaltende Bildauffassung Ludwig Münstermanns.

Kanzel mit Schalldeckel und Treppe

1637

Material: Eichenholz
Maße: H. 154 cm, D. 131 cm (Korpus); H. 108 cm, D. 175 cm (Schalldeckel)

Zustand: 1954 aus dem Chorbogen zum Südfenster hin umgesetzt, dabei Veränderung der Treppenbrüstung und Neubemalung.
Datierung: AN[N]O / 1637 / Den 25 / MARTY .

Ludwig Münstermann

Vier Felder der sechseckigen Korpusbrüstung sind reich und vielfältig ornamentiert zu aufwendigen   Bogennischen mit sphärischer Räumlichkeit gestaltet. Vor ihnen auf Konsolen stehen lebhaft agierend die Freiplastiken der Evangelisten. Auf einem schmaleren, zur Rückwand anschließenden Feld stand die verlorene Figur des Kirchenpatrons, des Hl. Dionysius. Auf den flachen Segmenten des Korbes reliefiert die Stifternamen mit ihren großen davor befestigten Wappen. Auf dem Kranzgesims des ausladenden Schalldeckels sind die Teile eines gesprengten Giebels befestigt: in der Mitte die hohe Figur des segnenden Salvators mit der Weltkugel, auf den seitlichen Schrägen die Liegefiguren von Pax (Friede) und Concordia (Eintracht).

Die mit großem Anspruch entworfene und nicht nur in den figürlichen sondern auch den ornamentalen Teilen sicherlich eigenhändig ausgeführte Holler Kanzel gehört zum bedeutenden bildhauerischen Spätwerk Ludwig Münstermanns, das mit den Evangelisten des Blexer Altars seinen Höhepunkt erreicht. Es zeichnet sich durch eine souveräne Monumentalität des kompositorischen Aufbaus und eine großflächig-plastische Wirkung von Körpern und Gewändern aus, die sich sichtbar von der eher virtuos verkläubelten und kunstreichen Kleinteiligkeit der früheren Werke unterscheidet.

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