Schwei: St.-Secundus-Kirche

Kanzel mit Schalldeckel

1618

Material: Eichenholz
Maße: H. 267 cm, D. 264 cm (Kanzel); H. 104 cm, D. 217 cm (Schalldeckel);
H. 110 cm (Kanzelräger); H. 58 cm (David, Salomo, Johannes Ev.)

Zustand: Die ursprüngliche Treppe mit Tür, an denen wohl auch Datierung und Meisterschild angebracht waren, ist verloren. Desgleichen eine vierte, 1862 noch vorhandene Sitzfigur.
Die originale Fassung, die erst 1637 aufgebracht worden war, wurde an den drei erhaltenen Sitzfiguren durch Prof. Kurt Wehlte, Leiter des Instituts für Technologie der Malerei an der Akademie der bildenden Künste in Stuttgart, und drei seiner Mitarbeiter in den Jahren 1955–1956 freigelegt, regeneriert und retuschiert: Die konstruktiven und ornamentalen Teilen zeigen lasierte Holzsichtigkeit oder farbige Lasuren; dazu Malachit- und Krapplack-Lasuren auf Silber und Gold, wenige Polimentvergoldungen; der Kreidegrund ist hier wie unter den Inkarnaten sehr dünn aufgetragen. Diese Befunde bestätigten den etwa zwanzigjährigen lasierten Zustand der Oberflächen ohne weitere Fassung. Alle übrigen Teile wurden anschließend 1956–1957 nach Befund und Beratung durch Wehlte neu gefasst durch Hanns Weikert, Bremen-Aumund: Abnahme von zwei, teilweise drei Ölfarbenanstrichen, darunter ein steingrauer; der neu aufgebrachte Kreidegrund ist stärker als beim Originalzustand. Keine Wurmschäden; nur wenige Ergänzungen.

Zuschreibung an Ludwig Münstermann

Träger ist der auf einem Sockel sitzende Moses, seine mit der rechten Hand dem Boden aufgesetzten Gesetztestafeln sind verloren. Als bemerkenswerte, in der grafischen Reproduktion seitenverkehrte Vorlage ist die berühmte antike Statue des Laokoon anzusehen, die 1503 in der Domus Aurea in Rom aufgefunden wurde.
In den vier Bogennischen der sechseckigen Korpusbrüstung stehen Figuren der ersten drei Evangelisten zu Seiten des segnenden Salvators; letztere unlängst wieder in die durch Cherubköpfe in den Bogenzwickeln hervorgehobene Nische zurückversetzt. Die Ecken übergreifen die Hermen weiblicher Tugenden und vor ihnen bewegen sich über Voluten mit phantastischen Groteskmasken die Sitzfiguren des Königs David mit der Harfe, des Evangelisten Johannes in jugendlicher Schönheit mit der Schreibfeder über dem offenen Buch und seinem Adler, der ihm das Tintenfass bereithält, und des Königs Salomo mit einem Szepter.
Auf dem Schalldeckel stehen vier Giebel mit Frucht-Blüten-Festons und pickenden Papageien als Sinnbild für die ewige Wahrheit des Evangeliums, ein fünfter zeigt den Pelikan, der die Jungen mit seinem Blute nährt, als Allegorie auf den Opfertod Jesu am Kreuz.

Im Anblick als Ganzes erweist sich die Kanzel in ihrer Proportionierung von Träger, Korpus und Deckel, im Bezug der Ausladungen der Gesimse auf verschiedenen Ebenen, den Bewegungen und Verschränkungen der Kompositionslinien zwischen den einzelnen Figuren, jeder für sich und mit- und untereinander, als ein Objekt plastischer Gestaltung im einheitlich-übergreifenden Entwurf wie für eine einzige selbständige Skulptur.
Bemerkenswert für die Stilistik der Plastik im Einzelnen ist, dass gegenüber den Werken für Varel nicht nur eine messbare Vergrößerung des Werkstücks verzeichnet werden kann, sondern dass zudem der raumgreifenden Skulptur der Vorrang gegenüber den zurückgenommenen Details von Architektur und Ornamentik eingeräumt wird und darum ihre unmittelbare Wirkung den Gesamteindruck eindrücklich bestimmt.
Die offenbar beabsichtigte leise Monumentalisierung des Bildhauerischen findet ihren Ausdruck sogar an einer nicht leicht sichtbaren Stelle: an den großen Masken unter den Konsolen der Sitzfiguren, sie gehören zu den originellsten und virtuosesten Arbeiten Ludwig Münstermanns.

Dazu ist sie die einzige Kanzel, an der die Sitzfiguren erhalten sind; in Rastede (1612) und Varel (1613) waren sie aus Alabaster gefertigt und gingen verloren.

Deckel zum Taufbecken

1623

Material: Eichenholz, Lindenholz
Maße: H. 165 cm, D. 76 cm (Deckel); H. 75 cm (Becken)

Zustand: Die originale Fassung, die erst 1637 zusammen mit der an der Kanzel aufgebracht worden war (an den konstruktiven und ornamentalen Teilen lasierte Holzsichtigkeit, an den figürlichen farbige Lasuren, Malachit und Krapplack auf Silber und Gold, wenige Polimentvergoldungen, der Kreidegrund hier wie unter den Inkarnaten sehr dünn aufgetragen) wurde bei der Abnahme der Übermalungen 1957 in wenigen Resten freigelegt und vereinheitlichend rekonstruiert; viele Verluste im Ornamentalen aber auch Figürlichen, selbst plumpe Ergänzungen von Köpfen (durch den Oldenburger Bildhauer C. Elsner 1856) wurden jedoch belassen. 1998 erfolgte eine neuerliche Restaurierung, die zugleich einer Schädlingsbekämpfung, sowie einer statischen Stabilisierung der Holzkonstruktion und ihrer Aufhängung diente: Der stark und einheitlich nachgedunkelte Überzug und nicht zu belegende Vergoldungen von 1957 wurde abgenommen und durch originalgetreue Lasuren ersetzt, welche die aus ästhetischen Gründen zu unterscheidende Farbigkeit des Holztons bei Eichen- und Lindenholz sichtbar macht; dieser Zustand entspricht der äußeren Erscheinung des Werkes nach Lieferung und Aufbau durch die Werkstatt Münstermann, vor der ersten Fassung von 1637.

Zuschreibung an Ludwig Münstermann

Das Kelchförmige steinerne Taufbeckens wurde laut Inschrift im Jahre 1575 gekauft und ist sicherlich kurz vorher entstanden. Es gibt mit seinen am Rand auskragenden Cherubköpfen die vierteilige Gliederung auch des hölzernen Deckels vor. Auf dessen Verkröpfungen des Kranzgesimses erheben sich vier üppig gebildete Rollwerk-Spangen zur Mitte hin, die über den Inschrift-Kartuschen jeweils die Halbfigur eines Apostels zeigen. Vier weitere Halbfiguren-Porträts befinden sich in der Mitte der mit virtuoser Ornamentik gestalteten gewölbten Kalotten. Neben ihren aufwendigen Rahmen mit eingefügten Inschrift-Kartuschen turnen zu beiden Seiten jeweils vielfältig bewegte Putten mit den Stifter-Wappen. Die restlichen vier Apostel-Figuren tragen den erhöhten Baldachin mit der Taufgruppe Jesu und Johannes des Täufers; zuoberst schwebt ein Putto und die Taube des Hl. Geistes (ergänzt).

Trotz aller Verluste, Beschädigungen und Ergänzungen ist dieser Taufdeckel durch seine reiche und phantasievolle Gestaltung bemerkenswert.

Aufsatz mit dem Wappen

von Anton Günther (1583–1667) und seiner Gemahlin Sophia Catharina (1617–1696)

1635

Material: Eichenholz
Maße: H. 145 cm, B. 165 cm

Zustand: Mit dem im Schweier Kircheninventarbuch von 1774 aufgeführten Beichtstuhl ist das heute noch an der südlichen Chorwand befindliche vergitterte Gestühl bezeichnet, dessen westliche Außenwand den Wappenaufsatz nunmehr trägt. Dieser bezeichnet deshalb aber keineswegs einen Grafenstuhl, sondern er wird die mittlere Bekrönung des Cronaments gebildet haben, wie es dasjenige mit den Wappen Anton Günthers und Sophia Catharinas aus dem Jahre 1638 in Esenshamm heute noch zeigt. Da das gleiche Inventar auch noch von Treppe und Tür zur Kanzel spricht, die wahrscheinlich mit dem Cronament verbunden waren, wird erst später mit dem Abbruch von beidem, die der Beseitigung der Chorschranke zugleich zum Opfer fielen, zu rechnen sein. Aus Pietät aber sollte offenbar das Wappen der Stifter erhalten bleiben, und es wurde auf die Stirnseite des Beichtstuhls versetzt.

Mit der Entstehung von Chorschranke und Bekrönung ist im Einklang mit den Quellen unmittelbar nach der Heirat des herrschaftlichen Paares im Jahre 1635 zu rechnen.
Übermalung und Inschrift sind neu und erneuert.

Altar

1638

Material: Eichenholz, Lindenholz (Reliefs)
Maße: H. 301 cm, B. 190 cm

Zustand: Den Maßnahmen des Jahres 1856 zur Veränderung des Altares fielen offensichtlich das Obergeschoß und die seitlichen Anschwünge zum Opfer, vor allem wurde das in der Mitte nach hinten räumlich ausladende Gehäuse des Abendmahlssaales entfernt und figürliche Fragmente daraus der Großherzoglichen Alterthümer-Sammlung in Oldenburg übergeben. Der im Bremer Focke-Museum überlieferte, 1641 datierte und von Johann Münstermann signierte Altar aus Burhave vermittelt für das Aussehen des Obergeschosses und der seitlichen Anschwünge vergleichbares Anhaltspunkte, die aber für die „Vervollständigung des Altarretabels“ in den Jahren 2003/2004 nicht herangezogen wurden. Bei der zur gleichen Zeit vorgenommenen Restaurierung der Fassung der original erhaltenen Teile ergab sich der gleiche Befund wie bei Kanzel und Taufdeckel: große Flächen verblieben holzsichtig unter verschiedenen Lasuren mit unterschiedlich hellen Tönungen auf den plastischen Höhungen, dunkel abgesetzt in den Vertiefungen der Reliefs und Ornamente; dazu Inkarnate und Färbelungen in schwarz und dunkelrot; keine Vergoldungen. Dieser Zustand wurde rekonstruiert.
Datierung:  ANNO / 1638

Zuschreibung an Johann Münstermann

Auf der Predella befinden sich die Reliefs von Verkündigung, Anbetung der Hirten und Beschneidung Jesu. Auf den Risaliten stehen als Atlanten die Figuren des Moses mit den Gesetzes-Tafeln und Johannes des Täufers, der mit der Rechten auf den ehemals im Obergeschoß sichtbaren Kruzifixus verweist; beide sind Zitate des Bildprogramms von “Gesetz und Gnade”. Sie tragen eine Kuppel, die das Hauptgeschoß überwölbt und auf der das Obergeschoß mit der Kreuzigung sich erhob. Auf den Kuppel-Schrägen sind die Liegefiguren von Pax (Friede) und Concordia (Eintracht) erhalten.
Das heutige Obergeschoß und die Seitenflügel sind Ergänzungen von 2002 in Kopie der entsprechenden Teile des Altares in Eckwarden von 1626. Desgleichen wird die offene Mitte des Hauptgeschosses ausgefüllt mit einer Reproduktion des Kupferstichs von Cornelis Cort (1533 – 1578) nach Livio Agresti, der schon für das Relief im Vareler Altar von 1614 als Vorlage diente. In diesem Fall verdrängt sie aber die im Original im Landesmuseum Oldenburg erhaltene Abendmahlsgruppe, welche im unteren und vorderen Teil der zu rekonstruierenden Altar-Mitte ihren Platz hatte. Es wird auch einen erhöhten hinteren Teil der Auslucht gegeben haben, der vielleicht wie in Berne die Gethsemane-Szene umschloss.
Eine neuerliche sichere Rekonstruktion ist im Vergleich mit dem erst jetzt im Depot des Bremer Focke-Museums identifizierten Burhaver Altares von Johann Münstermann durchaus möglich.

Der fragmentarische Zustand des nach der Blexer Kanzel als erste selbständige Arbeit des Johann Münstermann in eigener Komposition überkommenen Altares war sicher Ansporn zur heutigen Ergänzung, könnte aber nach den neuen Erkenntnissen durchaus wieder verändert werden.
Bemerkenswert in jedem Falle bedeutsam ist er als Zeugnis für die formalen und stilistischen Veränderungen, die sich in der Werkstatt Johanns nach dem Tode des Vaters Ludwig ereigneten. Am folgenreichsten ist das neue Motiv der Atlanten-Figuren, welche die tragende Funktion der Hauptsäulen im architektonischen Aufbau der Skulptur überträgt; es wird noch von Onno Dierksen im Altar in Langwarden (1652) eingesetzt.

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