Tossens: St.-Bartholomäus-Kirche

Taufbecken mit Kanzel

1623

Material: Sandstein (Becken), Eichenholz (Deckel)
Maße: H. 106 cm, D. 61 cm (Becken); H. 129 cm, D. 80 cm (Deckel)
Zustand: Im Jahre 1909 lag das Becken zerbrochen neben dem Altar und der Deckel ebenfalls zerbrochen in der Kirche. Doch 1938 wird beides als im Landesmuseum Oldenburg in Sicherheit gebracht beschrieben. Für die Aufstellung im Museum wurde die den Balusterschaft des Beckens nach oben abschließende Plinthe neu gefertigt und der Deckel mit vielen Ergänzungen rekonstruiert. 1951 wurde beides neu bemalt und wieder in der Kirche aufgestellt; über den Schnitzer der vielen Ergänzungen ist bisher nichts bekannt.
Signiert und datiert: Meisterschild mit Datierung in den sechs Kartuschen des balusterförmigen Becken-Schaftes: AN[N]O / 1 / 6 / Geteilter hochovaler Schild mit Klöpfel und gekreuzten Hohl- und Stemmeisen in der oberen Hälfte und Steinmetzzeichen seitlich mit L und M in der unteren Hälfte und B für Bildhauer auf dem Rahmen darunter / 2 / 3 .

Der Typus des Taufbeckens entspricht den Exemplaren, die von der Werkstatt Münstermanns nach Eckwarden und Osternburg schon 1616 geliefert wurden, und die vielleicht sogar auf Vorrat zur sofort möglichen Lieferung bestimmt waren. Leider sind an dem Deckel in Tossens bis auf die äußerst ausdrucksstarken Cherubköpfe alle plastischen Arbeiten verloren, und der zu erschließende Baldachin mit der Taufgruppe in der reduzierten, eher reparierend ergänzenden Umformung nur schwer zu lokalisieren.
Für das Eckwarder Taufbecken ist ebenfalls für 1623 auch ein Taufdeckel bezeugt, aber nicht erhalten.

Altar

1631

Material: Eichenholz, Lindenholz (Figürliche und ornamentale Teile)
Maße: H. 474 cm, B. 348 cm; B. 207 cm (Predella)

Zustand: Nach seiner offenbar erstmaligen farbigen Fassung 1662 wurde im 18. Jahrhundert eine weiß-goldene Überfassung aufgebracht, die wiederum im 19. Jahrhundert mit einem grauen Ölfarbenanstrich überzogen wurde. Bei der „Erneuerung“ in den Jahren 1922–1924 durch die Firma Richter in Oldenburg, veranlasst vor allem von den erheblichen Schäden durch Anobienbefall an den figürlichen Schnitzwerken aus Lindenholz, wurden die Figuren von Tod und Teufel, Ruhm und Herrschaft, Fides (Glaube) und Caritas (Liebe), sowie ein Obelisk vom Kranzgesims des Hauptgeschosses abgenommen und in das Landesmuseum Oldenburg gebracht. 1925 wurden die mit Ergänzungen kopierten Figuren von Fides und Caritas wieder auf die Flügelspitzen aufgesetzt und 1951 innerhalb von sechs Wochen eine völlige Neubemalung des Altarwerkes nach eigenem Gusto des Restaurators hergestellt.
Der große Putto mit Wappen und Kelch als Wange der ehemaligen Abendmahlsbank auf der Weinseite des Altars, seit 1924 ebenfalls im Landesmuseum, wurde 1972 in der dortigen Werkstatt restauriert; sein verlorenes Gegenstück ist auf einem alten Foto überliefert.
Datierung:  ANNO / 1631.

Zuschreibung an Ludwig Münstermann

In der Predella sind die Reliefs der vier Evangelisten zu Paaren auf der Vorderseite der Risalite angeordnet; in der Mitte verbleibt das Abendmahl; dazwischen fügen sich die Porträt-Medaillons der vier großen Propheten. In die Mitte des Hauptgeschosses ist eine vielfigurige Kreuzigung platziert, als Motiv übernommen vielleicht vom vorhergehenden spätgotischen Kreuzaltar. Zwischen den Prinzipalsäulen stehen, als Zitate des Bildprogramms “Gesetz und Gnade”, die Figuren des Moses mit den Gesetzestafeln und Johannes des Täufers, der mit der Rechten auf Jesus am Kreuz als Erlöser verweist.
Die Flügel tragen die auf Brot- und Weinseite verteilten Einsetzungsworte in Plattdeutsch und in den Behang-Kartuschen die Stifterinschriften, in der reichen architektonischen Umrahmung umgeben von Hermen und Figuren weiblicher Tugenden. In das Obergeschoß eingesetzt ist das Relief der Auferstehung und im Giebel das der Himmelfahrt Jesu. Auf der Spitze thront die Figur des segnenden Salvators, zu dessen Füßen liegen die besiegten Tod und Teufel (im Landesmuseum Oldenburg).

Ob beim Entwurfskonzept für den Altar in Tossens der eher konservative Rückgriff auf den Typus des Epitaphaltars, wie er in Varel 1614 verwirklicht wurde, dem Willen der Auftraggeber aus ikonographischen oder künstlerischen Gründen geschuldet ist, oder ob er das Realisierungsangebot des Meisters im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel darstellt, wissen wir nicht.

Schalldeckel zur Kanzel

1632

Material: Eichenholz
Maße: H. 136 cm, D. 142 cm

Zustand: Noch im 18. Jahrhundert stand die Kanzel in der Mitte der Südwand, das Schiff als Predigtraum beherrschend. Der Kanzel-Korpus ist auf 1538 datiert und sicher aus Pietät bei der Hinzufügung des Schalldeckels erhalten geblieben. 1951 erfolgte eine neue Bemalung im Zusammenhang mit der „Restaurierung“ der übrigen Werke Münstermanns; dabei wurden Ergänzungen an den Kirchenväter-Kartuschen und ein neuer Stern auf der Deckel-Unterseite gefertigt.
Die schon für 1909 bezeugte Aufstellung des Posaunen-Engels vom Epitaph des Nanne Bürgen auf der Spitze des Schalldeckels blieb dabei bestehen; er wurde erst 1973 auf eine Konsole hinter der Kanzeltreppe in die Ecke des Triumphbogens zum Chor versetzt, nunmehr mit ergänzten Posaunen in den Händen.
Datierung: :1.6. / .32.

Zuschreibung an Ludwig Münstermann

Auf dem sechseckigen Kranzgesims erheben sich über den Außenkanten fünf giebelförmige Aufsätze, die jeweils inmitten einer aufwendigen Rollwerk-Kartusche mit wechselnden Ornament-Motiven ein hochoval gerahmtes Porträt-Medaillon eines Kirchenvaters tragen.

Rahmung des Epitaphs

für Nanne Burgen (1636–1658)

661

Auftraggeber und Stifter: Kirchenjurat Ihno Burgen und seine Frau

Material: Eichenholz
Maße: H. 65 cm (Posaunen-Engel)

Zustand: Wohl 1951 oder 1973 restauriert.

Zuschreibung an Onno Dierksen

Das große Epitaph an der Südwand des Schiffes wurde 1661 von dem Kirchenjurat Ihno Burgen und seiner Frau für ihren 1658 mit 22 Jahren gestorbenen Sohn Nanne gestiftet. Es besteht aus einer großen gemalten Tafel mit Auferstehung und Jüngstem Gericht; der glatte profilierte Rahmen ist umgeben von einem unteren rollwerk-gerahmten Behang für die Inschrift-Kartusche, zwei seitlichen Behängen aus üppig gestaltetem Rollwerk und einem gesprengten Giebel als Aufsatz. Dieser umfasst wiederum eine Inschrift-Kartusche und zeigt auf den seitlichen Giebelteilen Liegefiguren trauernder Putten. In ihrer Mitte erhebt sich eine Konsole zur Aufstellung der Figur eines zum Jüngsten Gericht rufenden Posaunen-Engels; sie ist jetzt in der Mauerecke über der Kanzeltreppe angebracht. Der Posaunen-Engel hat direkten inhaltlichen Bezug zum Thema der Auferstehung, welches durch den darunter zitierten Befehl Jesu an den Jüngling zu Nain benannt ist und bezogen werden soll auf den würdig zu erinnernden Verstorbenen und das große Gemälde des Jüngsten Gerichts als Hauptstück des Epitaphs. Ein gleicher Putto bekrönt auch das Epitaph des Pastors Hoppius in Fedderwarden von 1644 und des Pastors Wagner in Sillenstede (1650).

Die Figur des Posaunen-Engels zeigt die für Onno Dierksen charakteristischen Merkmale: eine blasenförmige Stirn mit großer Locke; erhobene Brauen über einem starr und schräg nach oben fixierten Blick der Augen; extrem aufgeschlagene Gewandsäume, welche nackte keulenförmige Unterschenkel unter kugelig isoliertem Knie entblößen.
Gleiche Merkmale charakterisieren die trauenden Liegefiguren über den Giebel-Enden wie auch die durchaus eindrücklich plastische und gekonnt gestaltete Ornamentik der Behänge.

Somit konnte der Meisterschüler Onno Dierksen erst zum Ende seiner Schaffenszeit ein größeres Werk mit Bildhauer-Arbeit für seine Heimatkirche schaffen, um das Ausstattungswerk des Lehrers Ludwig Münstermann bereichernd zu vollenden.

Nachdem das 1643/44 von Dierksen gefertigte Gestühl erst 1973 bis auf drei Wangen abgebrochen wurde, ist das Epitaph umso wertvoller als präsentes Zeugnis für die Fähigkeiten des ehemaligen Gesellen des großen Meisters.

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